Burg, Brandenburg, Deutschland (Spatianer). Die Arbeitswoche war hart, mein Rücken tut weh und ich fühle mich ausgelaugt. Nun ist Wochenende – eine willkommene Auszeit für Körper, Geist und Seele. Diese verbringe ich zum ersten Mal in meinem Leben im sagenumwobenen Spreewald, den ich immer nur mit Gurken, Leinöl und Kahnfahren in Verbindung gebracht habe. Hier gibt es seit 2012 sogar ein Thermenhotel mit einem 5.150 Quadratmeter großen Thermen- und Saunabereich – ein Paradies für alle, die etwas für ihre Gesundheit tun wollen. Ich habe es selbst ausprobiert und darüber ein Thermen-Tagebuch geführt:
1. Tag – Freitag: Anreise und Zimmer
Mit der Regionalbahn geht es von Berlin in eineinviertel Stunden nach Vetschau. Von dort aus bringt mich ein Taxi in fünfzehn Minuten ins Spreewald Thermenhotel nach Burg. Es verfügt über 83 Zimmer und 166 Betten auf drei Etagen. Über mein 26 Quadratmeter großes Doppelzimmer bin ich angenehm überrascht: zwei Kofferablagen gibt es, Bademantel und Slipper hängen schon in einer Tasche an der Wand. Moderne, helle Holzmöbel, Schwarz-Weiß-Fotos und Sinn-Sprüche an der Wand sorgen für Wohlgefühl. Eher schmal ist der Schreibtisch – schließlich soll man hier nicht arbeiten sondern sich erholen. Täglich wird eine Flasche Wasser kostenlos zur Verfügung gestellt. Der Schlafbereich ist offen, vom Bett und vom Badezimmer aus habe ich einen freien Blick ins Grüne. Ich gehe hinunter in die Lounge, zu der auch eine Bibliothek und ein Kamin gehören. Aus bodentiefen Fenstern blicke ich auf weite Wiesen und Burg. Das offene und lichtdurchflutete Ambiente erinnert mich an ein Kreuzfahrtschiff. An der Bar treffe ich Ernst Ulrich Tillmanns von den „4a Architekten“ in Stuttgart. Er und sein Team haben die Therme und das Hotel entworfen. Spielt die Architektur bei den Gästen eine wichtige Rolle? Mittlerweile gibt es auch Thermen von berühmten Architekten wie Peter Zumthor oder Matteo Thun, die aufgrund ihrer besonderen Gestaltung viele Besucher anziehen.
Moderne Architektur mit regionaltypischen Elementen
„Architektur ist das, womit wir zu tun haben, wenn wir die Augen aufmachen“, sagt Ernst Ulrich Tillmanns. „Deshalb ist sie für uns sehr wichtig. Die Spreewald Therme ist zum Beispiel eine Mischung aus modernen und regionaltypischen Elementen. Leitgedanke war, die Natur als Landschaft in und durch das Gebäude fließen zu lassen.“ Dabei wurden ortstypische, natürliche und beständige Materialien verwendet. Erle, Reet, Ziegel und kräftige Farbtöne wie Orange, Purpur und Grün sind prägende Gestaltungselemente. Die Architektur muss aber auch eine gute Funktionalität sowohl für den Gast als auch für den Betreiber haben. Design total macht keinen Sinn, wenn sich die Besucher damit unwohl fühlen und die internen Abläufe erschwert werden: „Wir entwerfen Thermalbäder, in denen man sich wie von einer zweiten Haut umgeben fühlt, die gleichzeitig aber den höchsten hygienischen und technischen Anforderungen entsprechen.“
2. Tag – Samstag: Therme und Umgebung
Kurz vor 8 Uhr morgens bin ich schon unterwegs – im Bademantel und mit Slippers erreiche ich von meinem Zimmer aus bequem über einen „Bademantelgang“ die Therme. Externe Besucher sind noch nicht da, alle acht Innen- und ein Außenbecken habe ich eine Stunde lang exklusiv und ganz in Ruhe für mich. Gefüllt sind diese mit Sole-Thermalwasser, das unterschiedlich temperiert und konzentriert ist. Zum Verweilen und Entspannen laden Sprudelsitze und -liegen ein, im Außenbecken befinden sich unter anderem ein Strömungskanal und eine Nackendusche. Außerdem entdecke ich ein mit Holzlamellen verkleidetes Dampfbad und eine Soleinhalations-Kabine, die wie ein Gurkenfass aussieht. Im Saunabereich laden Korbsessel und Kuschelmuscheln zum Dösen ein.
Pflege mit der heimischen Süßwasseralge
Doch damit nicht genug! Im ersten Stock befindet sich die Wellness-Galerie mit Algen-Kräuterbädern in einem Spreewälder Holzkahn oder Pflegepackungen auf einem Wasserschwebebett. Wer will, kann sich eine Seifenbürsten-, Aromakerzen- oder Stempel-Massage buchen. Verwendet wird dabei auch die hauseigene Kosmetiklinie auf Basis der Süßwasseralge „Scenedesmus quadricauda“, die 60 verschiedene Wirkstoffe besitzt und die Haut gleichzeitig pflegt, schützt und regeneriert. Bei einer so großen Auswahl entscheide ich mich erst einmal für die Wassergymnastik. Danach sehen wir weiter…
Strampeln auf dem Gurkenradweg
Nach einem üppigen Frühstück mit Salz- und Senfgurken leihe ich mir beim Hotel einen Drahtesel und strample auf dem über 260 km langen Gurkenradweg entlang. Meine Route führt mich an malerischen Fließen, historischen Blockbohlenhäusern und natürlich an Gurkenfeldern vorbei. Eine Pause mit Brandenburger Landwein lege ich beim „Schlangenkönig“ ein. Das ist ein Restaurant, das direkt am „Fließ“ (so werden hier die Kanäle genannt) liegt. Benannt wurde es nach dem sagenumwobenen „Schlangenkönig“, der die Bewohner schützen soll. Nicht umsonst befinden sich an den Giebeln alter Häuser im Spreewald das Symbol zweier gekreuzter Schlangen.
Entschleunigung durch Kahnpartie
Das Element des Spreewaldes ist allerdings das Wasser. 276 Kilometer Fließe gibt es per Kahn zu erkunden. Entspannt fahre ich an handbetriebenen Schleusen vorbei und unter romantischen Brücken hindurch. „Bei dem weit verzweigten Netz von Wasserstraßen hat der Teufel höchstpersönlich seine Hände im Spiel gehabt“, raunt mir mein Fährmann zu. „Als dieser seine Höllenochsen vor den Pflug spannte und mit Peitschenknallen antrieb, sträubten sich die Tiere und rannten dem Teufel davon. Die Ochsen jagten quer über die Felder und hinterließen tiefe Furchen, die sich mit Wasser füllten und den Spreewald entstehen ließen.“ Ein Schauer läuft mir über den Rücken.
„Richtiges Thermalbaden“ mit Dr. Stefan Kannewischer
Zurück im Thermenhotel, schlüpfe ich in den weißen Bademantel und in die blauen Slippers. Im Badebereich treffe ich Dr. Stefan Kannewischer, Inhaber und Betreiber der Spreewald Therme (www.kannewischer-collection.com). Er will mir zeigen, wie man Stress und Sorgen beim Baden vergessen kann. Wie man abschaltet, sich komplett fallen lässt. Elegant lässt er sich in das Innenbecken mit dem Wasserfall gleiten. „Man sollte immer mit dem kältesten Becken beginnen, auch wenn es einen automatisch in das wärmste zieht“, lehrt er mich. Denn die normale Körpertemperatur des Menschen läge um 37 Grad. Nur zwei Grad weniger beträgt wissenschaftlich erwiesen jener Wert, den man als besonders angenehm empfindet. Bei 35 Grad verhindert die so genannte Thermoneutralität sowohl ein Auskühlen als auch ein Überwärmen. „Und egal, wie wohl man sich fühlt, Maß halten ist beim Thermalbaden das Allerwichtigste“, betont Kannewischer. „Denn nicht nur das warme Wasser strengt auf Dauer an. Einen Zusatzeffekt haben die im Wasser enthaltenen Mineralien. Wer seinen Kreislauf anregen und die Durchblutung fördern möchte, kühlt sich anschließend kurz im Kaltbecken ab, benutzt einen Kneippschlauch oder durchwatet das Kneippbecken.“ Danach sorgen Badepausen für die notwendigen Phasen zum Ruhen und Regenerieren. Fühlt man sich in der Folge wieder fit, empfiehlt Kannewischer Schwimmen oder sanfte Dehn- und Kräftigungsübungen in einem Becken mit einer Temperatur zwischen 31 und 33 Grad, weil die Muskulatur bei körperlicher Aktivität selbst Wärme produziert. Ragt dabei nur der Kopf aus dem Wasser, reduziert sich das Körpergewicht auf ein Zehntel seines Wertes an Land, wodurch der gesamte Bewegungsapparat entlastet wird, für jede Bewegung aber aufgrund des Wasserwiderstands gleichzeitig mehr Kraft aufgewendet werden muss und der Trainingseffekt entsprechend steigt. Während wir beide so nebeneinander dahinschweben, möchte ich von ihm wissen, wie alles begann.
Wie die Spreewald Therme nach Burg kam
1995 wiesen Gutachten aus DDR-Zeiten nach, dass in Burg im Spreewald ein großes Flöz liegt. Mit dem Beschluss der Gemeinde Burg, den Kurort-Status anzustreben, entstand bereits 1995 die Idee für den Bau eines Bades. Vier Jahre später rumpelte und pumpelte es in Burg. Es wurden Solegewinnungsbohrungen durchgeführt, bei denen Geologen am 7. März 1999 auf einer Fläche nahe der Ringchaussee in Burg auf Sole stießen. In 1.350 Metern sprudelte echtes Thermalsolewasser mit 240 Gramm Salzgehalt pro Liter und einer Temperatur von 31 Grad Celsius. Am 30. September 2005 öffnete die Spreewaldtherme ihre Türen, 2012 kam das Spreewald Thermenhotel dazu. Die Übernachtungszahlen in Burg lagen vor dem Bau der Spreewald Therme bei rund 300.000 Besucher pro Jahr, danach haben sie sich verdoppelt. Außerdem ist die Spreewald Therme mit über 130 Mitarbeitern einer der größeren Arbeitgeber in der Region. „Und warum tut speziell die Spreewälder Sole so gut“, will ich von Dr. Kannewischer wissen.
Solebad als Energiemeer
Sich in der Wärme des Sole-Thermalbades treiben zu lassen, beruhigt die Nerven, baut Stress ab und löst Verspannungen. Sole glättet die Haut und verleiht ihr frisches Aussehen, sie fördert die Durchblutung, regt den Kreislauf an und erhöht die Sauerstoffzufuhr. Im Gegensatz zu einem normalen Bad, bei dem der Haut Feuchtigkeit entzogen wird, lagert sich beim Solebad Salz in der äußeren Hornschicht der Haut ein und bindet Wasser. Dadurch bleibt die natürliche Schutzschicht der Haut erhalten. Die Haut trocknet nicht aus. Außerdem entspricht die entschlackende Wirkung eines 30-minütigen Solebades einer dreitägigen Heil-Fastenkur. Durch Osmose werden die Giftstoffe des Körpers abgegeben, während andererseits Mineralstoffe aus der Sole über die Haut aufgenommen werden. Last but not least ist das Solebad für den Körper ein wahres Energiemeer. Bioenergetische Schwachstellen werden ausgeglichen und der körpereigene Stromfluss wieder aktiviert. Die Funktion der Organe tritt in Resonanz mit dem natürlichen Frequenzmuster der Sole. „Je höher die Konzentration, desto größer der Entgiftungseffekt, desto anstrengender ist das Baderitual auch für den Körper“, gibt Kannewischer zu bedenken. Deshalb lautet sein Credo: „Ruhen Sie sich nach dem Solebad unbedingt aus!“
3. Tag – Holländerwindmühle in Straupitz
Heute wollen wir uns auf die kulinarischen Highlights im Spreewald konzentrieren. Deshalb fahre ich mit dem Taxi nach Straupitz. Dort wird in der über 160 Jahre alten Holländerwindmühle ein fast ausgestorbenes Handwerk fortgeführt – die Leinöl-Produktion. 10 Kilo Leinsaat ergeben rund 2,6 Liter Leinöl. „Schon bei den Ägyptern symbolisierte Leinöl das Sonnenlicht. Hippokrates und Paracelsus empfahlen es als Mittel gegen Husten und Durchfall, Hildegard von Bingen benutzte es bei Gürtelrose. Heute gilt es als leichtes Abführmittel und wird in der Alternativmedizin bei Krebs angewandt. Experten sind davon überzeugt, dass es das Blut verdünnt und Entzündungen hemmt“, weiß Leinölhersteller Gerd Nowak. Nach einem Erkundungsrundgang kann man im rustikalen Müllerhaus nicht nur Pellkartoffeln mit Quark und Leinöl genießen, sondern das „Brandenburger Gold“ auch erwerben.
Pralinen und Panna cotta aus Leinöl
Zurück im Thermenhotel hat Küchenchef Sven Fengler eine süße Überraschung für mich. Er macht nicht nur seine Pralinen mit Leinöl, sondern zaubert auch ein „Leinöl Panna cotta“ auf den Tisch. Dazu braucht man einen Liter Schlagsahne, 50 ml Leinöl, 150 g Kristallzucker, 8 Blatt Gelatine und eine Vanilleschote. Zu Beginn sollte man die Gelatine im kalten Wasserbad einweichen lassen. Dann die Vanilleschote halbieren und das Mark auskratzen. Schlagsahne, Leinöl, Zucker, Vanillemark in einem Topf erhitzen und wenn es kocht, den Herd ausstellen. Jetzt die eingeweichte Gelatine mit einem Schneebesen hinzufügen und ordentlich verrühren. In Schälchen oder Schüssel abfüllen und bis zum Servieren in den Kühlschrank stellen. Schließlich kostet Baden nicht nur Kalorien, sondern macht auch Appetit! Nach diesen drei Tagen in der Spreewald Therme fühle ich mich wie neugeboren. Oder wie der deutsche Schriftsteller Georg Christoph Lichtenberg (1742-1799) sagte: „Neue Bäder heilen gut.“
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Anmerkung:
Der Beitrag von Sonja Schön ist eine Erstveröffentlichung. Die Recherche wurde unterstützt von Spreewald-Thermenhotel.