Berlin, Deutschland (Spatianer). Es stürmt als wir im Spätherbst durchs Badische unterwegs sind, und angesichts der wildbewegten Bäume entlang der Lichtentaler Allee, der aufschäumenden Oos im weltberühmten Kurort waren wir uns nicht sicher ob wir hier wirklich verweilen sollten. Von draußen zog es uns gen drinnen, vom tobenden Element in die entspannte Atmosphäre eines wohl einzigartigen Badetempels.
„Hier im Friedrichsbad vergessen Sie nach zehn Minuten die Zeit und nach 20 Minuten die Welt“ bemerkte Mark Twain der zu den ersten Gästen des kurz vor Weihnachten 1877 vom Großherzog Friedrich eröffneten Römisch-Irischen Bad gehörte. Zwei Wochen ging er täglich in den Palast der Badekultur. Er glaubte fest daran, sein Rheuma hier gelassen zu haben. „Es sei der Stadt gegönnt. Es war wenig genug, aber alles, was ich zu geben hatte“ notierte er ins Tagebuch. Schon die römischen Legionäre tauchten in „Aquae“ ins warme Wasser und kurierten ihre Wunden die sie sich in den germanischen Wäldern holten. Ohne Blessuren vom Sturm wollen wir nur Wellness genießen. Und obwohl wir auch schnell die Zeit und die Welt vergessen, bleiben wir Stunden.
Immerhin sind im ganzen 17 Stationen zu absolvieren. Mit festen Regeln beim Baderitual einst aufgestellt vom Mediziner Dr. Frech. Denn dies ist kein Spaßbad, sondern ein Paradies für die Sinne – wenn man sich sinnvoll auf den angezeigten Weg macht, stets von gut geschultem Personal sehr hilfreich empfangen oder begleitet. Beim umkleiden erhält sie und er Sandalen und ein großes Tuch zum Umhüllen. Sonst nix – gebadet wird nackt. Zuerst geht’s für Adam und Eva nebeneinander unter die Dusche. Keine modischen Drehteile, vielmehr ehrfurchtgebietende Armaturen gestalten den Raum. Ein warmer Wasserfall ergießt sich aus Köpfen weit über den Köpfen. Kalt klappt auch. Herrlich erquickt, betreten wir ganz leise das Warmluftbad. 54 Grad meldet das Thermometer, 68 in Celsius heißt es im Heißluftbad als dritte Station. Handbemalte Majolika-Fliesen mit paradiesischen Motiven zieren die Wände. Im warmen und im noch wärmeren auf Holz und Laken liegen – dann duschen vor der Seifenbürstenmassage als fünfte Station und danach. Oder nur duschen; wobei, wer sich nicht bürsten und einseifen lässt, vom Nackenmuskel bis zu den Zehen verpasst ein Highlight. Also gleich beim Eintritt dazu buchen!
Daraufhin strecken wir uns zumindest als Herkules und Kleopatra auf den breiten Steintreppen der Thermal-Dampfbäder aus, sitzen oben auf dem Podest, später wohlig in Nischen bei 45 bis 48 Grad: Stationen Sieben mit Acht. Schreiten aufrecht wie Gladiatoren zur Nummer Neun, dem Thermal-Vollbad, 36 in Celsius. Ein paar Züge schwimmen, und plauschen beim Treffen auf den Wassertreppen. Es folgt nach Dr. Frech nun das etwas abseits gelegene Thermal-Sprudelbad, 34 Grad, mit besonders wohltuender Rückenmassage. Wieder energiegeladen, das Tuch locker als Toga drapiert, ist nun das große lichtdurchflutete Rund vom Thermal-Bewegungsbad mit der von schlanken Säulen getragenen, überragenden Kuppel unser Ziel. 17 Meter hoch ist das Paradestück vom Badeplast der mit roten und weißen Sandstein, mit Marmor, Messing und Stuck glänzt. Marcus Aurelius Severus Antoninus, besser bekannt als Caracalla, würde er bestimmt gefallen. Sein Wunsch war Befehl beim Ausbau der römischen Bäder – gespeist von bis zu 68 Grad Celsius heißen Quellen. Ein Bad für den Kaiser samt Gefolge, eins für Soldaten – und eine eigene Therme für Pferde.
Wir schwimmen ein paar Runden im 28 Grad warmen Wasser und streben dann zurück unter die überdimensionierten Duschen. Ab ins Kaltwasserbad als Station 12 – eintauchen bei 18 Grad Celsius. Abtrocknen – mit vorgewärmten! Tüchern gereicht von helfenden Händen. Welche bei Station 15 feine Creme für Paare und Andere bereithält die sich lieber selbst was Gutes antun, anstatt sich dem geübten Masseur oder der Masseuse oberhalb im Beautybereich anzuvertrauen. Wobei auch hier gilt: besser vorher dazu buchen! Nun unter Decken sich’s im Ruheraum gemütlich machen oder im Leseraum in Geschichte schmökern. Erst als im Deutschen Reich 1872 das Glückspiel verboten wurde besann man sich fürstlich auf die Badetradition. 1884 eröffnete in der Wandelhalle – wo heute klassische Konzerte das Ohr erfreuen – das erste Fitnessstudio Deutschlands. Unterhalb vom Friedrichsbad sind Reste der Antike zu besichtigen. Nebenan am Hang grüßt die Moderne in Form der Caracalla-Therme. Demnächst gerne in Ruhe ohne Sturm!
Friedrichsbad und Caracalla-Therme in Baden-Baden sind Teil der Kannewischer Collection, welche auch die Römischen Badruinen museal aufbereitet haben. Preise im Bad (Basic, Wellness, Luxus) richten sich nach Aufenthaltsdauer sowie Anzahl der Treatments. Gemischte Badetage: Dienstag, Mittwoch, Freitag, an Sonn- und Feiertagen sowie am Valentinstag. Getrennte Badetage: Montag, Donnerstag und Samstag. Öffnungszeiten: täglich 9 bis 22 Uhr. Letzter Einlass: 2 Stunden vor Schließung. Das Kaiserbad und das Prinzenbad sind luxuriöse Privatbäder für Wellness zu zweit.
Carasana Bäderbetriebe GmbH
Adresse: Römerplatz 1, 76530 Baden-Baden
Kontakt: Telefon: Friedrichsbad: 07221 / 27 59-20, E-Brief: info@carasana.de
Heimatseite: www.carasana.de